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Skulpturen & Kunsthandwerk, Fossile Ausgrabungen

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880HUBERT

880HUBERT GERHARD,1540/50 – 1620, ZUG.BEDEUTENDES, MUSEALES AUGSBURGERRELIQUIARIUM DES 17. JAHRHUNDERTSHöhe: 53 cm.Breite: 33 cm.Tiefe: ca. 17 cm.Augsburg, 17. Jahrhundert.Die Gesamterscheinung wird durch den Kontrast vonSchwarz und Gold bestimmt, wobei die Qualität derfigürlichen und dekorativen Ausstattung sofort insAuge fällt. Der dreiteilige ebonisierte hölzerne Aufbauzeigt einen altartischförmigen Sockel, auf Volutenfüßenmit Engelsköpfen, an den Seiten tragende goldeneKämpfer. Die Front besetzt mit einer oval gerahmtenLapislazuliplatte. Darüber ein konkav einziehender Fußmit größerem geflügeltem Engelskopf, Festons undrahmenden C-Bögen, darüber eine Ädikula mit gesprengtemDreiecksgiebel, darin ein ovales vergoldetesRelief. Sämtliche figürlichen und dekorativenElemente in feuervergoldeter Bronze.An mehrerenStellen aufgesetzte Buntsteine. Wie ein Retabel wirddie Ädikula von zwei großen Engeln in Haltungsgeste,in Sitzhaltung als Pendants gestaltet. Oberkörper undKopf zurückgeneigt. Die Flügel auffallend stark bewegtund geschwungen, das Gefieder fein gearbeitet. DieStirnlocke besonders betont, ein Merkmal des süddeutschenZeitstils.Mit Werken Hubert Gerhards und seiner Werkstattlassen sich auch die betont überlangen, elegant gearbeitetenHände vergleichen, wie ebenso die Faltenbildungin den Kleidern. Ein besonderer Vergleichsverweisgilt dem sog. „Fugger-Altar“ im Victoria and AlbertMuseum London. Von dem Augsburger Christoph Fuggerbeauftragt, wurden die Statuetten und Reliefs um1581 bis 1584 von Hubert Gerhard gestaltet, gegossenin Augsburg von Carlo di Cesare del Palagio (1540-1598), vergoldet von Johann Müller.Auch Kleinbronzen Hubert Gerhards und seiner Werkstattzeigen die Stilgleichheit mit den Figuren unseresReliquiars. So etwa der stehende Engel aus derGustav Rau Collection (Sotheby´s, 2. Juli 2013, Lot34). Des Weiteren ein Bronzerelief „Heiliger Hieronymus“),ebenfalls Sotheby´s, (10. Dez. 2015, Lot 369).All diese Beobachtungen weisen auf die Künstlerhandschriftdes genannten Hubert Gerhard.Der Ädikula-Aufsatz:In der oberen Rahmung vier Eckenlagen in Lapislazuli.Das große ovale Relief zeigt die Kreuzabnahme Jesu.Wie die vollplastischen Engelsfiguren ist hier auchdas Relief von derselben hohen Qualität. Gezeigt wirdim Zentrum der Leichnam Christi, von Maria aufgenommen,umgeben von sieben weiteren Figuren: linksMaria Magdalena, sie stützt sich auf das Salbgefäß undküsst die Hand des Gekreuzigten. Darüber im Hintergrundlinks Johannes vor zwei trauernde Frauen, rechtsPetrus und Josef von Arimathäa, der die drei Kreuznägelhochhält. Unterhalb des Leichnams Christi einRömer mit Helm, der die Leiter trägt. Rechts davondie Halbfigur des leidenden Christi im Spottmantel,mit den Leidenswerkzeugen Hammer und Zange.Diese Einzelbeobachtungen – besonders die Kreuznägel,Hammer und Zange – weisen entschieden daraufhin, dass das Reliquiarium für die Aufnahme einesKreuzpartikels geschaffen wurde, der sich imInneren des Sockels befand oder noch befindet. Einersolch bedeutenden Reliquie entsprechend verstehtsich die aufwändig gestaltete und bildplastisch höchstrangvolle Ausführung. An der Rückseite zweifache Versiegelungmit rotem Lack auf einem Seidenband, dasüber die Verbindung von Sockel und Aufsatz gelegtist.Stil und Gesamtgestaltung lassen eine Einordnung indie Künstlerwerkstätten Augsburgs in der zweitenHälfte des 17. Jahrhunderts zu, die figürliche Qualitätweist überdies auf einen Meister von Rang.Es besteht ein auffälliger Bezug zu den Werken desHubert Gerhard. Laut Auskunft des Gutachters Dr.Alexander Rauch spricht aufgrund der hier geschildertenBeobachtungen nichts gegen eine Zuweisung anden Meister Hubert Gerhard bzw. zumindest dessenWerkstatt unter seiner Leitung.Der niederländisch-deutsche Bildhauer war in FlorenzSchüler des Giovanni da Bologna, wirkte jedoch ab1581 in Deutschland im Auftrag etlicher Fürsten. Zuseinen bedeutendsten Werken zählen neben dem genanntenFugger-Altar die manieristisch-frühbarockenBrunnenfiguren in Augsburg, in München die Michaelsfiguran der Michaelskirche, die Figur im Hofgartensowie die Terrakottafiguren im Fuggerschloss Kirchheim.Gerhard arbeitete mit dem in Süddeutschlandwirkenden Gießer Carlo di Cesare del Pelagio zusammen,wobei auch nichts gegen dessen Mitwirkung anunserem Exponat spricht. A.R.Literatur:Juliane von Åkerman, Hubert Gerhard, in: JürgenWurst, Alexander Langheiter (Hrsg.), Monachia vonCarl Theodor von Piloty im Münchner Rathaus, erschienenanlässlich der Restaurierung und Wiederanbringungvon Carl Theodor von Pilotys Monumentalgemälde„Monachia“ im Großen Sitzungssaal desMünchner Rathauses im September 2004, München2005, S. 113.Dorothea Diemer, Hubert Gerhard und Carlo di Cesaredel Palagio. Bronzeplastiker der Spätrenaissance,2 Bde., Berlin 2004 (Jahresgabe des DeutschenVereins für Kunstwissenschaft 2002/2003).Welt im Umbruch. Augsburg zwischen Renaissanceund Barock, Katalog erschienen zur Ausstellung derStadt Augsburg in Zusammenarbeit mit der Evangelisch-LutherischenLandeskirche in Bayern anlässlichdes 450. Jubiläums der Confessio Augustana, 2 Bde.,Augsburg 1980.Georg Lill, Hans Fugger (1531-1598) und die Kunst.Ein Beitrag zur Spätrenaissance in Süddeutschland,Leipzig 1908 (=Studien zur Fugger-Geschichte, 2).Georg Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler.Bayern, Bd. 3: Bruno Bushart, Georg Paula,Schwaben, München 1989. (1341509) (11)HUBERT GERHARD,1540/50 – 1620, ATTRIBUTEDIMPORTANT 17TH CENTURY AUGSBURGRELIQUARY OF MUSEUM- QUALITYHeight: 53 cm.Width: 33 cm.Depth: ca. 17 cm.Augsburg, 17th century.The front is set with an oval framed lapis lazuli panel.All figurative and decorative elements in fire-giltbronze. Like a reredos, the aedicule is held by twolarge angels in a seated presentation posture, designedas counterparts with their torsos and headstilted backwards. The wings are strikingly animatedand curved, the feathers are finely worked. The ringleton the forehead is particularly emphasized, a featureof the southern German style of that period.A striking comparison can be made to the so-called“Fugger Altar” held at the Victoria & Albert Museumin London. Commissioned by Christoph Fugger fromAugsburg, the statuettes and reliefs were designedby Hubert Gerhard around 1581-84, cast in Augsburgby Carlo di Cesare del Palagio (1540-98) and gilt byJohann Müller. Small bronzes by Hubert Gerhard andhis workshop also show the same style as the figuresin our reliquary. For example, the standing angel fromthe Gustav Rau Collection (Sotheby’s 2 July 2013, lot34). Furthermore, a bronze relief of Saint Jerome, alsoSotheby’s, (10 December 2015, lot 369). All these observationspoint to a creation by Hubert Gerhard.The aedicule in the upper frame with four corner inlaysin lapis lazuli. The large oval relief shows Jesus’descent from the cross. The relief here is of the samehigh quality as the three-dimensional angels. The elaboratelydesigned and high-ranking sculptural executionis befitting such an important relic. A double redlacquer seal on a silk ribbon is placed at the intersectionof the base and top on the back. There is a strikingconnection to works by Hubert Gerhard (ca. 1550- ca. 1620). Based on the observations describedhere, the expert Dr Alexander Rauch assumes a likelyattribution to the master Hubert Gerhard or at least hisworkshop under his direction.The Dutch-German sculptor was a student of Giovannida Bologna in Florence but worked for several princesin Germany from 1581 onwards. In addition to the FuggerAltar mentioned earlier, his most important worksinclude the Mannerist-Early Baroque fountain figuresin Augsburg, the figure of Michael at the Michaelskirchein Munich, the figure in the Hofgarten, and theterracotta figures in the Fugger Castle in Kirchheim.Gerhard collaborated with the founder Carlo di Cesaredel Pelagio, who was active in Southern Germanyand there are no objections that they also collaboratedon the present work.€ 60.000 - € 80.000SistrixINFO | BIETEN58 HAMPEL ONLINE Visit www.hampel-auctions.com for around 6.500 additional images.

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