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Gemälde Alte Meister – Teil I

142 JACOPO TINTORETTO,

142 JACOPO TINTORETTO, 1518 VENEDIG 1594 EBENDA DAS LETZTE ABENDMAHL Öl auf Leinwand. Doubliert. 142 x 220 cm. Ungerahmt. Das hier angebotene Werk des Tintoretto ist nicht nur ein kompositorisches Meisterwerk, sondern auch von höchstem Interesse, was die Arbeitsabläufe des großen venezianischen Malers angeht. So ist die vorliegende Leinwand der erste Entwurf für das große Gemälde Tintorettos (221 x 413 cm), welches sich heute in der Kirche San Trovaso am gleichnamigen Platz im Sestiere von Dorsoduro in Venedig befindet und bereits 1584 von Borghini erwähnt wurde: „Nelle cappella del Sacramento di detta chiesa vi sono due quadri, nell'uno quando Cristo lava i piedi agli apostoli, e nell'altro quando cena con quelli...“ Die in der Frühzeit Venedigs, im Jahr 1028, gegründete Kirche stützte in ihrer gotischen Form 1583 ein. Heute befindet sich gegenüber dem Eingang vom Rio de San Trovaso das letzte Abendmahl, das Tintoretto 1559 schuf und das Jacob Burckhardt als zum „gemeinsten Schmaus entwürdigt“ bezeichnete. Es ist die wohl gewagteste Komposition des Themas aus seiner Hand mit schräg in den Raum gesetztem Tisch, umgekipptem Stuhl, gewagten Verkürzungen der in den Raum hineingreifende, wohl vom Wein nicht mehr ganz nüchterne Körper und effektreicher Beleuchtung. Um einen rechteckigen Tisch, auf dem Essen und Wein stehen, sind die zwölf Apostel angeordnet. Jesus, gekleidet in eine rosa-violette Tunika, hat soeben den Verrat durch einen von ihnen aufgedeckt. Die Apostel reagieren auf die Ankündigung und suchen untereinander nach einem Zeichen, das den Verräter zeigt (Mt 26,21; Mk 14,18; Lk 22,21; Joh 13,21). Johannes trägt die gleiche Tunika wie Christus und sitzt neben ihm, den Kopf müde auf den Tisch gestützt. Petrus wendet sich im Stehen an Jesus und erklärt ihm seine Treue. Judas ist vielleicht wohl rechts auf dem Gemälde dargestellt, auf einem Schemel sitzend, einen Teller in der Hand. Im Hintergrund, zwischen den Bögen, stehen zwei flüchtige Figuren, eine Frau und ein bärtiger Mann. Sie sind in lange Gewänder gekleidet und scheinen eine Sibylle und ein Prophet zu sein. In unserer Vorstudie ist ihre Gewandung der Farbigkeit der restlichen Kleider angeglichen, sodass ihre Entrücktheit erst in der vergrößerten Fassung voranschreiten wird. Von der realen Welt des Betrachters, die durch die Offenbarung des Wortes Christi erhellt wird, gehen wir in eine Zeit ante gratiam über, die gerade durch die beiden Figuren verkörpert wird, die die Zukunft erwarten, die sie selbst prophezeit haben. Der Pilaster links der Kapelle ist datiert MDLVI (1556), sodass sich auch für die Kapelle eine Weihung um diese Zeit, vielleicht 1560 bis 1565 ergibt, und somit auch einen Entstehungszeitpunkt für das Abendmahl in der Kirche und auch für unser Gemälde markiert, wobei das hier angebotene Gemälde zumal eine Vorstudie etwas früher enstanden sein wird. Ausstellung: Das hier angebotene Gemälde war ausgestellt in: El Greco e l'Italia. Metamorfosi di un genio, Casa de Carraresi, Treviso, April 2016. Literatur: Maria Letizia Paoletti, La prima redazione dell'Ultima Cena di San Trovaso di Jacopo Tintoretto, in: Arte Documento, 35, 2019, S. 52, Nr. 1. Vgl. Michel Hochmann, La giovinezza del Tintoretto: qualche riflessione sullo stato della questione in: La Giovinezza di Tintoretto, hrsg. von Guillaume Cassegrain, Augusto Gentili, Michel Hochmann, Valentina Sapienza, Konferenzschrift, Venedig 2017, S. 3-17. Vgl. Michael Matile, „Quadri laterali“ ovvero conseguenze di una collacazione ingrata. Sui dipinti di storie sacre nell'opera di Jacopo Tintoretto, in: Venezia Cinquecento, VI, 1996, Nr. 12. Vgl. Raffaello Borghini, Il Riposo, Florenz 1584, Nachdruck Florenz 1730. Vgl. Terisio Pignatti, Tintoretto, Mailand 1985, S. 102, Abb. 19. Vgl. Rodolfo Pallucchini, Paola Rossi, Tintoretto. Le opere sacre e profane, Mailand 1982. Vgl. Rodolfo Pallucchini, Inediti di Jacopo Tintoretto, in: Arte Veneta, XXIII, 1970. Vgl. Rodolfo Pallucchini, La giovinezza del Tintoretto, Mailand 1950. Vgl. Adriana Augusti Ruggeri, Jacopo Tintoretto. Portraits, Ausstellungskatalog, Gallerie dell‘Accademia, Venedig, 25. März-10. Juli 1994, Kunsthistorisches Museum Wien/ Gemäldegalerie, Wien, 31. Juli-30. Oktober 1994, Mailand 1994. Vgl. Rosa Joyce Plesters, Lorenzo Lazzarini, I materiali e la tecnica dei Tintoretto della Scuola di San Rocco, in : Paola Rossi, Lionello Puppi, Jacopo Tintoretto nel quarto centenario della morte, Quaderni di Venezia arti, 3,1996, S. 275-280. Anmerkung 1: Druckgrafik: Nach dem letzten Abendmahl von Tintoretto exitiert ein Kupferstich von Aegidius Sadeler, der zum Beispiel im Museum Boijmans van Beuningen, Inv.Nr. L1977/3 verwahrt wird, siehe Vergleichsabb. Anmerkung 2: Eine Vorzeichung Tintorettos für einen der Apostel wird im Kupferstichmuseum Berlin verwahrt (Inv.nr. KDZ5084). (1341011) (3) (13) Vgl. Jacopo Tintoretto, Das letzte Abendmahl, Kirche San Trovaso, Venedig. 60 HAMPEL ONLINE Visit www.hampel-auctions.com for around 6.500 additional images.

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