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Die Max Liebermann Auktion

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Die Sammlung Hans-Georg Karg - Bedeutende Werke von Max Liebermann

1890 /1899 22

1890 /1899 22 Max Liebermann, 1847 - 1935 Berlin ZIEGENHIRTIN IN DEN DÜNEN (um 1890) Pastell auf bräunlichem Papier über einem Keilrahmen 56 x 74,3 cm Bez. links unten (mit rostbrauner Kreide): M. Liebermañ 99. Zur zeitlichen Einordnung vgl. die textlichen Ausführungen. Das Pastell wird von Margreet Nouwen aufgenommen in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis der Pastelle, Aquarelle und Gouachen Max Liebermanns. Schätzpreis s 90.000,- 22 Max Liebermann, 1847 - 1935 Berlin GOATHERD IN THE DUNES (about 1890) Pastel on brown paper over canvas strecher 22,1 x 22,1 in. Signed lower left (with brown chalk): M. Liebermañ 99. For chronological classification see explanations. The pastel will be included in the catalogue raisonné of pastels, watercolors and gouaches by Max Liebermann, being prepared by Margreet Nouwen. Estimate s 90.000,- Rückseitige Notizen: Oben auf der rückseitigen Pappe: Handschriftlich mit weißer Kreide die Nummer „562“ (von der Auktion bei Lempertz 1986); grau-weißes Etikett „[gedruckt:] Seit 1854 / Conzen / Rahmen / Düsseldorf / Nr. [handschriftlich:] 40418,71139“. Provenienz: Dr. Richard von Schnitzler, Köln (1910, 1914, 1934); Kunst des 20. Jahrhunderts, Kunsthaus Lempertz, Auktion 455, Köln 19.6.1959, Kat. Nr. 211, s/w-Abb. auf Taf. 4; Kunst des XX. Jahrhunderts, Kunsthaus Lempertz, Auktion 613, Köln 31.5.1986, Kat. Nr. 562, Farbtaf. 2; Galerie Pels-Leusden, Berlin 1986; Sammlung Hans-Georg Karg, Bad Homburg-Gut Sossau, Nr. 20 (erworben 1987 von der Galerie Pels-Leusden, Berlin); Karg'sche Familienstiftung. Ausstellungen: Kunst unserer Zeit in Cölner Privatbesitz, Ausstellung des Cölnischen Kunstvereins aus Anlaß des 50jährigen Jubiläums des Wallraf-Richartz- Museums in Cöln, Köln Okt. 1911, Kat. Nr. 70: „Ziegenhirtin, Pastell auf Pappe, 55 x 73 cm, Bes.: Herr Kommerzienrat Dr. Richard Schnitzler“; Orangerie '86, Deutscher Kunsthandel im Schloß Charlottenburg, Berlin 11.-28.9.1986, Kat. Nr. 65/2, Farbabb. S. 155 (Pels-Leusden). Literatur: Brief vom Richard Schnitzler, Laurenzplatz 3, Köln an Gustav Pauli vom 4. Jan. 1910 (Pauli's Korrespondenz in Vorbereitung seines Buches über Liebermann 1911, Archiv Hamburger Kunsthalle): „daß ich [...] und ein Pastellbild von Liebermann aus dem Jahre 1899 besitze. Der Gegenstand ist die aus der Radierung bekannte Ziegenhirtin, die in der zuletzt herausgegebenen Liebermann Mappe vervielfältigt worden ist u. stellt eine im Gras sitzende Holländerin dar, die 2 in ziemliche Entfernung von ihr befindliche Ziegen hütet. Das Bild wird von allen Kennern sehr bewundert; es hat folgende Maaße u. [zwar?] ohne Rahmen [ge...hmt?] Länge 74 cm. Höhe 55“; Hancke 1914 (1), S. 535 (Werkkatalog) unter 1890: „Ziegenhirtin in den Dünen, Pastell, Pappe, 55 cm h., 73 cm b., Kommerzienrat Schnitzler, Köln a. Rh.“; Priv. Doz. Dr. Walter Bombe: Die Sammlung Dr. Richard von Schnitzler in Cöln, Teil II: „Die Malerei“, in: Der Cicerone, Jg. X, Heft 3/4, 30.1.1918, S. 37-49, erwähnt auf S. 49: „eine ruhende Ziegenhirtin in öder Dünenlandschaft“, s/w-Abb. 13 auf S. 47: „Hirtenmädchen“; Otto H. Förster (Vorwort): Kunstsammlungen dreier Generationen einer Kölner Familie, Köln 1934, Kat. Nr. 657, S. 25. Ausst.-Kat. Berlin-München (1979/80), S. 651 (erwähnt); J.J.B. van Eijck van Voorthuizen (Hg.): World Collectors Annuary, Vol. XXXVII, Amsterdam 1985-87, S. 310f.; Eberle (1995), S. 312 (unter WV 1887/16): allgemein erwähnt.; Eberle (1996), S. 561 (unter WV 1900/24), allgemein erwähnt; Stefan Roller: „Max Liebermann“, in Ausst.-Kat.: Liebermann - Corinth. Zeichnungen und Graphik aus dem Bestand der Staatlichen Kunsthalle, Karlsruhe 1997, Anm. 34 auf S. 35f. Ein junges Mädchen sitzt mit ausgestreckten Beinen im Gras einer schier endlosen Wiese. Sie hütet zwei schwarz-weiß gefleckte Ziegen, die weit von ihr entfernt grasen. Nach der Form ihres Häubchens zu schließen stammt sie aus dem Fischerdorf Katwijk an der holländischen Nordseeküste. Auch die karge Ebene weist auf die Dünenlandschaft in der Nähe dieses Fischerdorfes. Das Motiv hat Max Liebermann 1887 zunächst in Öl gemalt: Eberle 1887/16 (Öl auf Pappe auf Spanplatte aufgelegt, 45 x 63 cm, bez. rechts unten: M. Liebermann 1887., Privatbesitz, Schweiz). Im Sommer jenes Jahres verbrachte er viel Zeit in den Dünen bei Katwijk, um Studien zu den monumentalen „Netzflickerinnen“ (Eberle 1889/1, heute in der Hamburger Kunsthalle) zu skizzieren. Nebenbei mag er dabei die kleine Ziegenhirtin entdeckt haben. In dem erwähnten Ölgemälde von 1887 hütet sie nur eine Ziege und ist - ihren Proportionen nach zu urteilen - bedeutend jünger als auf dem vorliegenden Pastell, etwa fünf Jahre alt. Dieses kindliche Alter erklärt denn auch, weshalb diese Ziegenhirtin nicht - wie die anderen Tierhüterinnen, die Max Liebermann in diesen Jahren malte („ strickende“ Schäferin, „spinnende“ Kuhhirtin - keiner Handarbeit nachgeht, sondern nur einfach dasitzt und ihre Ziegen im Auge behält. Das Mädchen gehört offenbar zu einer Familie, die sich zwar zwei Ziegen für die tägliche Milch, aber keine Wiese für die Ernährung der Tiere leisten kann. Deshalb läßt man sie auf öffentlichem Grund weiden. Damit die Tiere sich nicht verlaufen, muß eines der Kinder auf sie aufpassen. So entsteht mit dieser Gestalt des Mädchens in der Dünenlandschaft das Bild einer Gesellschaft, in der auch die Kleinen früh in die Pflicht genommen werden. Das so aussagekräftige und melancholische Motiv scheint vielen Kunstfreunden gefallen zu haben, Max Liebermann hat es mit kleinen Änderungen gleich mehrfach wiederholt. Daraus ergeben sich nun erhebliche Schwierigkeiten für die genaue Datierung. Max Liebermanns Biograph, Erich Hancke hat das Blatt (gegen Max Liebermanns eigenhändiger Datierung „99“) in das Jahr 1890 eingeordnet. Da durch diverse Berichte von Zeitgenossen bekannt ist, daß Max Liebermann sich in seinen Datierungen manchmal um einige Jahre irrte, darf man davon ausgehen, daß Hancke recht hatte. Doch gleichzeitig listet er eine sehr ähnliche Fassung des Motivs in Öl für das Jahr 1900 auf (Eberle WV 1900/24, Öl auf Leinwand, 53 x 75 cm, Privatbesitz). Und um das Problem noch zu vergrößern gibt es eine Radierung des Motivs aus dem Jahre 1891 (Schiefler 20). Aus all diesen Gründen muß man das genaue Datum vorläufig offen lassen. Bei dem Vergleich der ersten, oben erwähnten Fassung von 1887 mit dem vorliegenden Pastell fallen diverse Unterschiede auf. Obwohl die Komposition nahezu die gleiche ist, hat Max Liebermann doch diverse bedeutende Änderungen vorgenommen. In dem Pastell grasen zwei Ziegen; ihr gemeinsames Auftreten kontrastiert nun stärker mit der Einsamkeit des Mädchens, das zudem zwei, drei Jahre älter ist. Die Natur ist jetzt nicht mehr die alles überwölbende Kraft für beide Teile, sondern sie und der Mensch treten stärker auseinander. Eine sehr ähnliche Wiederholung dieses Motivs in Pastell befindet sich in der Ermitage, St. Petersburg (Pastell auf bräunlichem Papier, 54 x 79 cm, Inv. Nr. 42322). (5906016) 90.000,- 46

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